Sterne gucken und den Big Five auf der Spur

Jutta Ingala

Im Dinkelland bei Erfgoed Bossem

Das Schönste am anderen Holland? Hier ist alles so herrlich entspannt! Als hätte jemand die Uhr angehalten und die Zeit sei stehen geblieben. Weiden mit rotbunten Kühen, die sich beim Grasen so ganz und gar nicht aus der Ruhe bringen lassen. Wogendes Gras, unter das sich im Frühsommer bunte Wiesenblumen mischen. Wer ihnen ganz nahe kommt, hört das Summen der Honigbienen und sieht, wie fette Hummeln – schon trunken vom vielen Nektar – von Blüte zu Blüte taumeln. Dort ein Traktor, der einen Acker pflügt, nur selten ein Auto, dafür ganz viele Radfahrer. Und immer wieder die Dinkel, die sich durch die Landschaft schlängelt. Hinter alten Bäumen am Wegesrand, deren ausladende Kronen angenehm Schatten spenden, ducken sich Gehöfte so malerisch ins Grün, dass man am liebsten gleich einziehen möchte.

Fenster zum Himmel

Innen wie außen aus duftendem Holz, clever eingerichtet mit Kochnische und Kuschelecke, mit Dusche & Co. und auf dem eingezogenen Boden ein gemütliches Bett mit Guckfenster in den Himmel. Ich kann einfach daliegen, durch die transparente Kuppel zuschauen, wie es draußen Nacht wird und einer nach dem anderen die Sterne aufleuchten. Oder ich schnappe mir das Teleskop und suche die Sternbilder mithilfe der Karten, die ich aus dem Regal gefischt habe. Auf der kleinen Holzveranda ist der „Sternengucker“ schnell aufgebaut. Mit einem heißen Tee und einer warmen Decke mache ich es mir gemütlich. Und weil hier auf dem Land, fern vom Lichtermeer der großen Städte, der Himmel tatsächlich dunkel ist, erkenne ich nach und nach ein paar Sternbilder: dort funkelt der „Große Wagen“ und auch der kleine, der „Schwan“ breitet seine Schwingen aus und auch die winzige „Leier“ ist da. Schließlich wird es kühl, Zeit fürs Bett und einen letzten Blick durch die Kuppel.
 

Lila Lupinen und ein Froschteich

Als ich am nächsten Morgen die Stiege vom gemütlichen Bett hinunterklettere und noch im Pyjama meine Nase in die frische Luft halte, lacht mich ein prall gefüllter Frühstückskorb an. Zwischen rot-weiß karierten Servietten schmiegen sich ein warmer Brotlaib, würziger Käse und Schinken, dickflüssiger Naturjoghurt, Apfelsaft und ein Gläschen „Hagelslag“. Der kommt aufs Brot, das dick mit Butter bestrichen wird, damit die Schokostreusel – genau das ist „Hagelslag“ nämlich – nicht herunterpurzeln. Typisch Holland!

Für heute habe ich eine Radtour geplant. Vorher mag ich mir aber noch den Hof ansehen. Hinter den „Sternenkuben“ stehen eine Handvoll luxuriöser Zelte, denn auch auf Erfgoed Bossem steht „Glamping“ hoch im Kurs. Ich werfe einen Blick in die nächste Unterkunft: Betten, über die Moskitonetze drapiert sind, freistehende Holzwannen für ein Bad wie in der afrikanischen Savanne. Sehr schick! Hinter den Zelten folge ich einem Bachlauf bis zum „Kikkerpoel“, dem Froschteich, der sich in einem Dickicht aus Schilf und violett leuchtenden Lupinen versteckt. Lautes Gequake verrät die Frösche. Leider lassen sie sich nicht blicken. Der Teich wurde von den Rerinks angelegt. Auch die Lupinen, die – ähnlich wie Klee – den Boden mit Stickstoff versorgen können, wurden hier ausgesät. Und Stickstoff brauchen Nutzpflanzen für ihr Wachstum. Ein gut durchdachter Kreislauf auf dem Hof.

Den Big Five auf der Spur

Die Satteltaschen sind mit belegten Broten und dem hausgemachten Apfelsaft aus dem Frühstückskorb bepackt. Ein Feldstecher darf auch nicht fehlen, schließlich mag ich den „Big Five“ nachspüren. Anders als im fernen Afrika, sind die „Big Five“ im anderen Holland eher klein, haben nur zwei Füße, dafür ein buntes Federkleid und beeindruckende Schnäbel. Im langen Gras der Feuchtwiesen hoffe ich Kiebiz und Brandgans, Rotschenkel, Löffelente und Uferschnepfe zu finden. Dabei soll mir die 24 Kilometer lange Radroute helfen, die die Rerinks zusammen mit der Stiftung Natuurmonumenten ausgetüftelt haben. Quer durch das Beneden-Dinkeldal, das Springendal und die Hazelbekke. Auch die Wassermühle de Mast liegt an der

Strecke. So trete ich kräftig in die Pedale, atme den Duft des Sommers ein und spähe ins hohe Gras der Wiesen. Gar nicht so einfach. Schließlich entdecke ich einen Kiebiz, der eine weiße Brust hat und einen grauen Rücken mit violett-grünem Schimmer. Er ist leicht an seinem schwungvoll gebogenen Schopffedern zu erkennen. Und er liebt kurzes Gras. Auch das hat mir die Suche leicht gemacht. Ziemlich sicher bin ich mir auch bei der Uferschnepfe, die langbeinig durch die Wiese stakt und mit ihrem beeindruckend langen, roten Schnabel nach Essbarem stochert. Mit den anderen Weidevögeln habe ich kein Glück. Aber das ist nicht so schlimm, schließlich bin ich in der Natur unterwegs. Da ist immer auch der Zufall im Spiel.

Eis vom Bauernhof

Und dann wartet da ja noch das Eis auf mich. In der „IJsboederij de Bölte“. Vier Kugeln passen in den Becher: Pistazie, Wald- und Brombeere soll es sein und Apfel. Denn Apfeleis hatte ich noch nie. Es ist auf jeden Fall eine Wiederholungstat wert!

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