Königlich unterwegs – Paleis Het Loo
Zum Abschluss der Serie „lekker weg“ geht es ganz schön nobel zu. Auf unserem letzten Roadtrip in diesem Herbst wandeln wir auf den Spuren der Königsfamilie – und dürfen uns zwei Tage lang selbst wie Burgfräulein fühlen …
„Nehmen Sie doch Platz“, sagt Ahmet Serceli und zeigt auf einen Tisch mit goldenen Stühlen. „Hätten Sie Lust auf einen Jus d´Orange?“ Wir vergessen fast, zu antworten. Deckenhohe Spiegeltüren und funkelnde Kronleuchter lassen den Königin-Wilhelmina-Saal wie die Kulisse für ein Staatsbankett erscheinen. Der Raum gehört zum Paleis Het Loo in Apeldoorn und ist heute unser Esszimmer. Wer hierher kommt, hat sich für einen „High Tea“ angemeldet. Wir wissen noch nicht genau, was sich dahinter verbirgt und schauen neugierig auf die Tische der anderen Gäste. Die meisten sind zu zweit gekommen – bestimmt, um einen besonderen Anlass zu feiern. Weiter hinten im Raum sitzt eine Frauengruppe, die auf einen Geburtstag anstößt.
Vor uns wird eine dreistöckige Etagere mit süßen und herzhaften Leckereien aufgebaut. Dazu stellt Serceli eine Porzellankanne mit heißem Wasser und vier verschiedene Sorten Tee. In der nächsten Stunde probieren wir uns durch Obstsalat und Scones, gefüllte Wraps und Sandwiches, Zitronentörtchen und Nusskuchen. Viel zu viel, aber manchmal darf man das. Um 14 Uhr schlägt die Standuhr und erinnert uns an eine Verabredung: Joke Koobs möchte mit uns einen Spaziergang durch Paleis Het Loo machen, und uns durch das Leben bei Hofe führen.
Durchs Wohnzimmer der Oranier
Wir treffen die Schlossführerin vor zwei Gemälden von Statthalter Willem III. und seiner Frau Mary Stuart. Sie kauften das Jagdschloss 1684 und schauen uns jetzt in noble Gewänder gehüllt an. Ihre großen Portraits sind ein Vorgeschmack darauf, was uns hinter der Eingangshalle erwartet: 300 Jahre Königsgeschichte. So lange verbrachten die Oranier hier nämlich ihre Sommer. Die Räume wurden nach 1975 renoviert, doch Möbel, Gemälde, Geschirr, Wandteppiche, Kleider und Fotos sind Originale. Selbst die Beleuchtung ist authentisch. „Deshalb ist es in manchen Räumen auch ganz schön duster“, erklärt Koobs. „Hier sind Lampen angebracht, die Kerzenlicht imitieren. Strom hatten die ersten Bewohner ja nicht.“
Die Säle führen in chronologischer Reihenfolge durch die Geschichte des Schlosses. Unsere Zeitreise beginnt also in den Gemächern von Wilhelm III. und endet zwischen den Habseligkeiten von Königin Wilhelmina, der letzten Bewohnerin von Paleis Het Loo. Es ist spannend zu sehen, wie sich der Einrichtungsgeschmack im Laufe der Jahrhunderte wandelte. Eines liebten aber offenbar alle Königsgenerationen: Spaziergänge durch den großen Schlossgarten. Zum Flanieren ist es uns zu kalt an diesem Novembertag. Deshalb sind wir froh, dass der imposante Park vom ersten Stock aus wunderbar und trockenen Fußes einsehbar ist.
Hinter dicken Schlossmauern
Von Apeldoorn aus steuern wir ´s Heerenberg an. Das Örtchen liegt so nah an der Grenze, dass wir sogar deutsches Netz haben. Stolz schicken wir ein Foto nach Hause: Guckt mal, hier wohnen wir heute. Der ganze Turm gehört uns! Tatsächlich ziehen wir in den zweistöckigen, runden Bergfried direkt neben der Burg Huis Bergh ein. Unten befindet sich ein Schlafzimmer mit modernem Bad, oben ein gemütlicher Wohnbereich mit rotem Sofa und Rundumblick auf das gut 700 Jahre alte Schloss und den Wassergraben. So fürstlich haben wir noch nie genächtigt. Dass sich vor allem verliebte Paare im Gästebuch verewigt haben, wundert uns nicht. Übrigens ist Huis Bergh auch ohne Übernachtung ein romantisches Ausflugsziel: Bei einer Führungen können Besucher alles über die größte Wasserburg der Niederlande lernen.
Zum Abendessen zieht es uns noch einmal raus aus unserem ehemaligen Wehrturm. Im Nachbarort Vethuizen machen wir uns auf die Suche nach dem Restaurant Carpe Diem. Die kleinen Feldwege sind stockdunkel, sodass wir schon erwägen doch wieder umzudrehen. Aber unsere Neugier siegt und hinter eine Kurve entdecken wir kleine, vielversprechende Lichter am Horizont. Vor Ort entpuppen die sich als unzählige Kerzen, die rund um das alte Bauernhaus aufgestellt wurden. Drinnen bestellen wir „Fisch vom Chef“ – und hätten am Schluss gern den Teller abgeschleckt, aber das gehört sich nicht für Burgfräulein.
Edle Tropfen aus der Achterhoek
Was sehr wohl zu unserem royalen Ausflugsprogramm passt, ist eine Weinprobe. Und die machen wir am nächsten Tag. Neeltje und Job Huisman laden uns auf ihr zwei Hektar großes Weingut ´t Heekenbroek in Drempt ein. Im Sommer sitzen die Gäste hier auf der Terrasse zwischen den Rebstöcken. Wir bevorzugen ein Plätzchen neben dem Kamin. Seit 2006 sind die Huismans Weinbauern. „Bei uns wird alles selbst gemacht, bis zur fertigen Flasche“, berichten sie. Sogar das Etikett hat die Hobbykünstlerin Neeltje gemalt. Bei der Traubenernte unterstützen Weinliebhaber aus dem ganzen Land, die einst Gäste waren und als freiwillige Helfer zurückkehren. Wir probieren den „Johanniter 2014“, einen trockenen Weißwein mit leichtem Apfelaroma. Dabei machen wir wohl so ein entzücktes Gesicht, dass der Herr des Hauses uns eine Flasche schenkt.
Die „Achterhoeker“ Herzlichkeit strahlt uns zwanzig Kilometer weiter gleich wieder entgegen. Diesmal vom Bock einer Kutsche aus. Mit warmen Decken und Käsehäppchen ausgestattet wartet Jan Grootjebbink gespannt auf uns. Gut 30 Jahre lang ist er schon als Kutscher für das Hotel Bakker tätig, das seit drei Generationen im Zentrum von Vorden steht, passend zur Jahreszeit allerlei Wildgerichte serviert und auf Anfrage Fahrten mit historischen Kutschen anbietet. Grootjebbink hatte bereits die unterschiedlichsten Gäste „an Bord“, zuletzt eine niederländische Sängerin, deren Platten er selbst gerne hört. Der 71-Jährige gibt auch ein Lied zum Besten, während wir durch den bunten Herbstwald fahren. Eine Frau am Wegesrand fotografiert uns. „Ach, ich dachte, Sinterklaas kommt schon“, ruft sie uns lachend zu.